Tangozeit auf Andrássy

28. August 2019 – 09.08 AM

Der grösste Spass in der Öffentlichkeit, ohne verhaftet zu werden.

Fotos von George Konkoly-Thege

Der Tango ist in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der südamerikanischen Nachbarländer Argentinien und Uruguay aufgenommen worden. Dies ist die Erklärung für die mysteriösen Fussspuren, die auf dem Trottoir vor der argentinischen Botschafterresidenz in der Andrássy út 96 erschienen sind. Die Idee ist, dass die Fussgänger die acht Grundschritte des Tanzes direkt vor Ort üben, wie es bei der Einweihung des Kunstwerks am 26. August 2019 zu sehen war.

Der argentinischen Botschafter, Maximiliano Gregorio-Cernadas (1. von links) und die Künstlerin Bettina Costa (3. von links) bei der Einweihung

Die «Veredas del Tango» oder «Tango-Trottoirs» befinden sich in verschiedenen Stadtteilen von Buenos Aires und sie sind ein Kennzeichnen der «Ciudad del Tango». Das berühmteste Vereda, die mit «Km 0» gekennzeichnet ist, befindet sich in der Avenida Callao 1078. Die «Vereda del Tango» in Budapest, das Kunstwerk von Bettina Costa, ist genau 11939 km entfernt und trägt daher die Kennzeichnung «Km 11939».

Ich bin in Argentinien geboren; der Wiege des Tangos. Ich habe aber diesem Teil meiner Kultur nie wirklich viel Aufmerksamkeit gewidmet. Ich habe Tango als etwas «für alte Leute» betrachtet. Nie hätte ich gedacht, dass ich mich je für Tango interessieren würde, bis ich ausgewandert bin.

Costa erklärt: «Anfangs des 20. Jahrhunderts war Argentinien voller Einwanderer, die ihr Glück in diesem Land suchten, mit der Hoffnung nach Europa zurückzukehren oder ihre Familien über den Ozean zu holen. Die Tango-Texte spiegeln das tiefe Gefühl des Verlustes dieser Einwanderer und die Nostalgie für die Menschen und Orte, die sie hinter sich gelassen haben. Tango half ihnen, ihre Sorgen zu vergessen.»

Ich bin auch eine Einwanderin, kam aber aus einem ganz anderen Grund in die Schweiz. Ich hatte nie Heimweh; habe aber vielleicht unbewusst nach etwas gesucht, um meine Wurzeln nicht zu verlieren. Mit dem Tango fand ich es.

Die letzten Jahre hat die Künstlerin sich intensiv mit dem Thema Tango auseinandergesetzt. Neben dem Malen, fing sie an mit Collagen und Schablonen zu arbeiten, letzteres, von Street Art beeinflusst. Ab 2016 begann sie die Tango-Variationen viel konzeptioneller umzusetzen. Beim ersten Mal ging sie mit dem Projekt «Vereda del Tango» von den Wänden weg.

Die erste «Vereda del Tango» ausserhalb Argentiniens befindet sich in Rheinfelden, Schweiz, genau 11255 Kilometer von der «Vereda del Tango – Km 0» in Buenos Aires entfernt.

Danach folgten Teppichinstallationen: Schuhformen aus Teppich geschnitten und als Tango-Schritte auf dem Boden oder an der Wand platziert. Während der Art Basel Woche 2017 präsentierte sie das Projekt «Cancha de Tango»: eine rechteckige Rollrasenfläche auf einem Kiesplatz, welche die Tango-Schritte zeigt. Die Schritte waren mit Kreidespray markiert wie auf einem Sportplatz oder eben «cancha» (Spanisch für Sportplatz).

Während der Kunstmesse Art Market Budapest präsentierte sie die Installation «Tangország»: Tango-Schritte, die aus Teppichen geschnitten und halb an der Wand, halb auf dem Boden plaziert wurden. Darüber hinaus wurde am Eingang zur Messe eine inoffizielle «Vereda del Tango» installiert, um die Besucher zu ermutigen ein paar Tango Schritte zu üben.

Aber keine Sorge Einwohner von Budapest: Das Kunstwerk an der Andrássy út 96 ist auf dem Trottoir gemalt und rutschfest.

bettina.costa@coaster.ch
www.art.coaster.ch